Zwischen den Welten
HDV CAM 57 Min

Ich bin ganz woanders

Das Leben innerhalb eines transnationalen Alltags ist geprägt von Geschichten der perpetuierenden (wiederholten) Grenzüberschreitungen. Für die Menschen ergibt sich daraus, dass sie an zwei Welten teilnehmen, ohne zur einen oder anderen gänzlich dazuzugehören. Etwa 50.000 in Österreich lebende KosovarInnen haben einen Teil der Familie, Freunde oder Arbeitspartner, soziale und ökonomische Beziehungen in Österreich und im Kosovo.

Videoproduktion für die Wiener Festwochen 2009


Produktion: 

Aranka Jell
©Aranka Jell

Kooperation Wiener Festwochen 2009 

 


Für alle die es genauer wissen wollen
Ich setzte mich also dreimal einer extrem anstrengenden 20-stündigen Fahrt mit dem Gastarbeiterbus aus, verweilte insgesamt einen Monat im Kosovo, eroberte die Herzen von ungefähr ein Dutzend Kosovaren, von denen die Hälfte Gastarbeiter waren, und konnte so einen sehr guten tatsächlichen Gesamteindruck der Situation erhalten. Da dies ein sehr sensibles, vorwiegend trauriges aber auch sehr aufregendes Thema war, denn vor allem die jungen Leute standen kurz vorm Explodieren vor lauter Hingehalten werden und Warten, und durchschauten sehr wohl die Spielchen der Weltmächte, war es sehr schwierig für mich, mich für das, was ich vermitteln wollte, zu entscheiden.

Es hätte mir mehr Spaß gemacht, den Armys und den restlichen Nutznießern in den Arsch zu treten, denn Material hatte ich genug. So war ich ja auch mit hohen UN-Bediensteten zum Joggen eingeladen worden, konnte mit Vertretern der linken Volkspartei reden und einen Termin bei Kosovos wichtigstem politischem Oberhaupt ausmachen, sogar zu UCK Veteranen konnte ich einen „guten“ Draht herstellen. Von den jungen Künstlern, Musikern und Linksextremen ganz zu schweigen. Somit wäre es mir, wenn ich weiter gemacht hätte, ein Leichtes gewesen, die Menschen ein bisschen aufmerksam zu machen, was dort so gespielt wurde. Aber wem hätte es etwas genützt?

Das Feuer weiter schüren oder lieber das Problem an den Wurzeln packen und die Versöhnung beschleunigen (oder realistischer gesehen das einander Vergeben). Es machte für mich also mehr Sinn zu versuchen, den langen Weg, der noch auf die Bevölkerung wartete, von der 70 Prozent unter Dreißig Jahre alt waren, zu ebnen. Für die Bildspur filmte ich eine Busfahrt mit dem Gastarbeiterbus vom Kosovo nach Österreich. Ich verstand mich mit den Busfahrern sehr gut und durfte die Kamera vorne im Bus festschnallen und 20-Stunden Fahrt aufnehmen. Reduziert auf die Dauer des Filmes, 50 Minuten, erfüllte es seinen Zweck und funktionierte großartig. In diesem Fall war es wichtig, dass das Bild nicht ablenkte, denn das Deutsch meiner Gesprächspartner war nicht das Beste, und die Geschichten waren ohnehin „arg“ genug.

Die Aufnahmen beschrieben die Ausreise und man bekam einen ungefähren Eindruck, wie es den Leuten bei ihrer Flucht ergangen sein musste, umso mehr, wenn man den darauf eingehenden Audioteil dazu hörte. Man sah die Zerstörung des Krieges, es beschrieb eine Aufbruchsstimmung und Hoffnung auf ein besseres Leben. Es unterstützte die Gastarbeiter- , Kriegs- und Politsituationsgeschichten, es gab auch einen Eindruck über den Kulturunterschied und die ungleiche Verteilung von Reichtum, wenn man sich die Veränderungen der auf dem Weg liegenden Städte anschaute, und es beschrieb sehr gut die Erwartungen, die Kosovo Island hatte.

Es unterstrich unterschwellig gewisse Sprachabschnitte, war sehr schön, doch auch sehr hässlich, es wirkte beruhigend und meditativ und ließ es zu, in die Geschichten einzutauchen. Es funktionierte. Doch manchen ist leider auch schlecht geworden….

….obwohl sie nach vorne geschaut hatten.

© Aranka Jell

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